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Wilde Familiensysteme

Die meisten Menschen gründen im Verlauf ihres Lebens eine Familie. Und selbst wenn nicht, entstammen sie einer Ursprungsfamilie. Das bedeutet, dass die meisten von uns Familienerfahrungen gesammelt haben. So divers wie wir Menschen sind, so verschieden können auch Strukturen und Dynamiken innerhalb von Familien verlaufen. Die Familie bildet in sich ein einzigartiges System. Gleichzeitig existieren Faktoren, die alle Familienmitgliedern bekannt vorkommen, trotz Individualität. So ist es nicht selten, dass viele Familien ähnliche Phänomene erleben, aus denen generelle Fragen entstehen und Generationen beschäftigen.

Erster Teil – Gewusst wie

Die ersten hundert Seiten beschäftigen sich mit dem Aufbau von (fachlichem) Hintergrundwissen. Nach dem Motto “gewusst wie” werden Leser:innen wissenschaftliche Erketnnisse an die Hand gegeben, die dabei helfen herausfordernde Situationen einzuordnen. Der erste Teil legt dabei seinen Schwerpunkt auf die kindliche Entwicklung vom ersten bis zum siebten Lebensjahr, Familiensysteme, so wie die Beziehung zwischen Geschwistern. Für die Prägnanz werden wissenschaftliche Aussagen vom restlichen Text durch graue hinterlegte Kästchen hervorgehoben. Dabei finden sich vor allem Erkenntnisse aus der Pädagogik, Psychologie und Bindungsforschung im Text wieder.

Zweiter Teil – Praxis

Im weiteren Verlauf des Werks werden ausgewählte Themen dargestellt. Dabei entstehen durch die allzu gut bekannten praktischen Beispiele direkt plastische Bilder. Der Fundus reicht von Trennungsängsten, Schlafverhalten, bis hin zu Gesprächen über den Tod. In diesem Abschnitt des Buches werden jedoch nicht nur Fallbeispiele genannt, sondern es werden ebenfalls Lösungsvorschläge und Analysen beigefügt. Beim Lesen wird dabei die ressourcenorientierte und systemische Betrachtungsweise sehr deutlich. Durch diese Ansicht werden “Problemverhaltensweisen” neu eingerahmt. Dadurch entstehen neue Handlungsspielräume, die mehr Kooperation auf beiden Seiten zulassen.

Für wen eignet sich das Buch?

Am ehesten wird sich das Buch an (werdende) Eltern richten. Gerade Personen, die gerne in die Selbstreflexion einsteigen, werden in diesem Buch gut abgeholt. Denn die Erziehung von Kindern ist zu jedem Zeitpunkt auch eine Reise zu sich selbst. Jede Person in der Wild Family hat eine wichtige Rolle. Ich selber kann mir auch gut vorstellen das Buch auch an Fachkolleg:innen zu empfehlen. Gerade in der therapeutischen Arbeit, aber auch in beratenden Funktionen, kann das Buch als Quelle und Diskussionsgrundlage genutzt werden.

Fazit

Die Autorinnen beschreiben auf eine bindungsorientierte Weise zeitlose Themen, die viele Eltern beschäftigen. Dabei wird viel Wert auf wissenschaftliche Aktualität gelegt. Gleichzeitig liest sich das Buch sehr flüssig, und weniger wie ein klassisches Fachbuch. Meist ist das auch die Kunst. Nämlich: Komplizierte Phänomene einfach zu erklären, ohne dabei redundant zu werden. Wild Family wird mit seinem Ansatz auch zeitgemäßen Familienkonstellationen gerecht. Alleine der Begriff “Wild Family” lädt dazu ein zeitgemäße Lebensformen zu inkludieren. Damit trägt das Buch auch zu weiterer Aufklärung und Normalisierung bei. Währenddessen verliert das Buch jedoch an keinem Punkt den Aspekt ein Ratgeber zu sein.

Daten zum Buch

  • Herausgeber: Piper Paperback; 1. Edition (1. Juni 2023)
  • Sprache: ‎Deutsch
  • Autorinnen: Eliane Retz & Christiane Stella Bongertz
  • Broschiert: 384 Seiten
  • ISBN-10: 3492064191
  • ISBN-13:  978-3492064194
  • Abmessungen: 13.6 x 3.15 x 20.5 cm

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