Lesedauer ca. 4 Minuten

Wieso stelle ich das Buch vor?

Die beiden Autoren sind – neben Steven Hayes – federführend im anglo-amerikanischen Raum in der Entwicklung der Akzeptanz- und Commitment Therapie (ACT). Im Schwerpunkt dieses Werks gehen die Autoren auf depressive Störungen ein. Die ACT ist eine gut untersuchte Behandlungsmethode innerhalb der Verhaltenstherapie.

Ich selber nutze das Buch in der gemeinsamen therapeutischen Arbeit mit Patient:innen. Das bedeutet, dass Patient:innen zwischen den Sitzungen mit diesem Buch zu Hause weiter an sich arbeiten und ihren Fortschritt festhalten können. Gleichzeitig ist es ein tolles Nachschlagewerk nach einer Psychotherapie.

Die Philosophie hinter dem Buch

Es handelt sich bei dem Exemplar – vor allem – um ein Arbeitsbuch. Das bedeutet, dass Leser:innen viele Informationen erhalten, gleichzeitig aber auch viel Platz zum erarbeiten eigener Strategien haben. Jedes Kapitel erklärt Leser:innen das zugrundeliegende Thema. Zum Ende jedes Kapitels dürfen die eigenen Erfahrungen aufgeschrieben und ausgewertet werden. Die meisten Übungen können auch als PDF heruntergeladen werden.

Die ACT bietet eine andere Perspektive an sich selbst inmitten seiner psychischen Leiden zu begreifen. Im Buch erfahren Leser:innen wie Depressionen entstehen. Beispielsweise wird davon ausgegangen dass die eigene Sprache (in Form von Gedanken) zu Leiden führen kann. Leser:innen kriegen an der Stelle eine verständliche Einführung in die sogenannte Bezugsrahmentheorie. Zu dem werden auch Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft aufgeführt. Das heißt wir erfahren als Leser:innen was eigentlich im Kopf eines Menschen passiert, wenn er oder sie gerade antriebslos ist und keine Hoffnung mehr sieht. Zusätzlich gehen die Autoren davon aus, dass Vermeidung und Kontrolle von unangenehmen Emotionen zur Aufrechterhaltung von depressiven Symptomen führen. Es wird erklärt wie in Gesellschaft und Erziehung uns eine “angespannte” Beziehung zu unseren Emotionen aufgezeigt wird, die uns zu einem späteren Zeitpunkt im Leben dementsprechend Schwierigkeiten bereiten. Natürlich werden anschließend auch alternative Ideen aufgezeigt, wie man seine eigene Beziehung zu sich (z.B. zu seinen eigenen Emotionen) und anderen Personen stärken kann. Über allem steht jedoch die Stärkung der eigenen Lebenswerte. Die Autoren nehmen an, dass ein erfülltes Leben die erlebten depressiven Symptome signifikant abmindert. 

Das Herzstück des Buchs sind jedoch die neun Schritte, um die eigene Depression zu überwinden. Hier werden verschiedene Zugangswege vorgestellt, die gemeinsam ziemlich wirkungsvoll sind:

  • Seine Werte kennen – Die Autoren gehen davon aus, dass jeder Mensch Dinge im Leben haben sollte, die ihm/ihr wichtig sind. Diese geben uns Kraft, Motivation und lösen in uns Momente aus, in denen wir uns lebendig fühlen.
  • In der Gegenwart leben – Wir neigen dazu im Alltag in der Vergangenheit und in der Zukunft unsere Zeit zu verbringen. Viele kennen Das Phänomen dann unter Grübeln oder sich sorgen. Das führt dazu, dass wir den Kontakt zu uns und den anderen im Hier und Jetzt verlieren. Dadurch treffen wir keine guten Entscheidungen bzw. vernachlässigen unsere Gesundheit.
  • Wertefrei und mit Akzeptanz leben – Durch das Bewerten und Nicht-Akzeptieren von Situationen oder Erlebnissen neigen wir dazu das bestehende Leid weiter zu verschlimmern. Vielleicht kennst du das selber. Nachdem dir etwas nicht gelungen ist, könnte es sein dass du dich anschließend selber abwertest. In der Regel fühlt man sich anshchließend noch schlechter.
  • Losgelöst sein – In diesem Kapitel wird Leser:innen gezeigt wie sie sich flexibel von Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen lösen können. Anstatt von ihnen “gefressen” zu werden, lernen Leser:innen diese eher zu beobachten. Dadurch öffnen sich neue Wahlräume.
  • Den eigenen Gedanken nicht alles “abkaufen” – Hier geht es darum eine neue Beziehung zu dem eigenen “Verstand” bzw. der inneren “Wortmaschine” zu definieren. Unser Verstand kommentiert den ganzen Tag unsere Handlungen. Und das nicht immer mit netten Gedanken. Dies zu bemerken und alternative Handlungen in Erwägung zu ziehen, ist das Ziel des Kapitels.
  • Die Eigenen Geschichten nicht zu ernst nehmen – Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte. Je fester wir an unsere Geschichte glauben, desto schwieriger kann es manchmal sein aus alten Verhaltensmustern auszubrechen, weil wir uns eben sagen “ich bin nun mal so”. In diesem Kapitel werden Strategien vermittelt, wie mit den gemachten Erfahrungen umzugehen ist. 
  • Einübung von Selbstmitgefühl – Eine etwas neuere Bewegung in der Therapie ist die “self-compassion”. Neurowissenschaftlich konnte gezeigt werden, dass wir durch ein gewisses Maß an Selbstmitgefühl es schaffen können uns selber mehr zu akzeptieren und die eigenen Gefühle zu regulieren.
  • Leben mit Vision – Hier geht es um die praktische Umsetzung der vorher definierten Werte.
  • Sich selbst verpflichten – Wer kennt es nicht. Es gibt einen Plan und im Kopf klingt alles ganz logisch. Nach ein paar Tagen fallen wir aber erneut in alte Verhaltensmuster. In diesem Kapitel soll Leser:innen dabei geholfen werden eine Veränderung dauerhaft beizubehalten. Bestehende Fallen und Stolpfersteine sollen erkannt und aufgelöst werden.

Die gewählten Punkte basieren auf den sechs Säulen aus dem ACT-Hexaflex: Achtsamkeit, Gegenwart, Selbst als Kontext, Defusion, Werte, engagiertes Handeln. 

Für wen eignet sich das Buch?

Ich kann das Werk auf jeden Fall an Fachkolleg:innen empfehlen, die sich gerne mit der dritten Welle der Verhaltenstherapie beschäftigen. Aber auch alle anderen Kolleg:innen können sicherlich daraus etwas ziehen. Denn die Techniken in dem Buch lassen sich auch flexibel in andere Therapieformen integrieren. Das Arbeitsbuch eignet sich vor allem auch für Menschen, die selber von Depressionen betroffen sind. Zum anderen aber auch für Menschen, die den Eindruck haben auszubrennen. Ich kann es darüber hinaus auch jeder Person empfehlen, die etwas für ihre Gesundheit tun möchte. Unabhängig von einem starken Leidensdruck. Die ACT wird auch außerhalb der Psychotherapie eingesetzt, z.B. in der Wirtschaft oder dem Coaching. Von daher würde ich schreiben, dass es nicht limitiert auf bestimmte Personengruppen oder Lebensthemen ist. Es ist eben ein gutes Buch, wenn man an sich arbeiten möchte, eben ein Workbook.

Daten und Weiterleitungen zum Buch

  • Autor: Kirk Strohsal, Patricia Robinson
  • Titel: The Mindfulness and Acceptance Workbook for Depression
  • Herausgeber: ‎ New Harbinger; 2. Edition (28. Mai 2017)
  • Sprache: Englisch
  • Taschenbuch: ‎328 Seiten
  • ISBN-10: 1626258457
  • ISBN-13: ‎978-1626258457

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